, ZO/AvU, Benjamin Rothschild

«Das Salz in der Suppe»

Als Vertreterin der jungen Mitte-links-Partei proEGG wurde Corinne Huber vor rund zwei Monaten in die Egger Exekutive gelost. Ihr Einzug in den Gemeinderat bedeutete das Ende der bürgerlichen Alleinherrschaft in diesem Gremium.

Hand aufs Herz, Frau Huber: Wünschen Sie sich manchmal, Sie wären auf ganz gewöhnliche Art und Weise in den Gemeinderat gewählt worden und nicht durch die glückliche Hand einer Losfee?

Corinne Huber: Natürlich hätte ich gerne die erforderlichen Stimmenmehr gehabt. Schlussendlich zählt aber, dass ich überhaupt in die Situation einer Auslosung gekommen bin, dafür habe ich ja das absolute Mehr erreicht. Zu erwähnen ist auch, dass sich bei viermaligem Auszählen zweimal mehr Stimmen hatte, zweimal herrschte Gleichstand. Ein Legitimationsproblem habe ich also nicht.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie rund zwei Monate nach den Gemeinderatswahlen auf den Wahlkampf und das Losverfahren zurück?

Es war eine sehr interessante, arbeitsintensive Zeit. Die letzten Tage vor der Losziehung zehrten dann aber doch stark an meinen Nerven. Im Nachhinein betrachtet war die Auslosung so etwas wie das Salz in der Suppe –das sage ich jetzt natürlich auch, weil sie für mich glücklich verlaufen ist.

Ist der Sitzgewinn für proEGG eigentlich wirklich die Sensation, von der alle sprechen, oder haben Sie im Vorfeld insgeheim nicht doch mit einem Erfolg gerechnet?

Der Sitzgewinn kann man sicher als kleine Sensation bezeichnen, denn damit rechnen konnten wir nicht. Andererseits: Hätten wir nicht an unsere Chance geglaubt, wären wir nicht angetreten. Allgemein hat sich in den letzten Jahren doch herauskristallisiert, dass es im Dorf eine Kraft wie proEGG braucht. Die Egger Bevölkerung hat sich im Lauf der vergangenen Jahre verändert, es sind viele jüngere Familien hierhergezogen. Diesen wollen wir eine Stimme geben.

Für welche politischen Inhalte steht proEGG?

Unser Glück ist, dass wir uns als Dorfpartei nicht um nationale Vorlagen kümmern müssen. Wir können ortsbezogene Sachpolitik machen. Vom Parteiprogramm her gewichten wir Umwelt- und Familienanliegen stark und setzen uns für Transparenz ein.

Arbeitete der Egger Gemeinderat bis anhin intransparent?

Vielleicht geht es eher darum, gewisse Geschäfte besser zu erklären. Man muss den Leuten genügend Gelegenheiten geben, sich informieren zu können. Womöglich wurde da in den letzten Jahren zu wenig gemacht.

Wollen Sie damit sagen, dass der Egger Gemeinderat die Kommunikationsmöglichkeiten, die er hat, nicht ausreichend ausschöpft?

Um diese Frage zufriedenstellend beantworten zu können, muss ich mich erst mit den Details und Abläufen des Ratsbetriebs vertraut machen.

Egg steht als Gemeinde gut da. Muss sich hier überhaupt etwas verändern?

Wie erwähnt, es sind in den letzten Jahren viele Familien mit Kindern im Schulalter hierhergezogen. Diese waren in der Egger Exekutive bisher nicht repräsentiert. Als Gemeinderätin kann ich ihre Interessen nun direkt und an höchster Stelle vertreten.

Was die Egger Ortsumfahrung betrifft, hat proEGG eine klare Position. Sie unterstützen die Zentrumsvariante (Anpassung der Forchstrasse, keine Verkehrsabwicklung über die neue Meilenerstrasse, die Red.).

Wir können uns auch die sogenannte Variante überdeckt vorstellen. Die Diskussionen sind hier noch nicht abgeschlossen. Klar ist, dass wir die Variante oberirdisch (Verkehrsumleitung von der Forchstrasse in die Neue Meilenerstrasse, die sogenannte «Spange», die Red.) nicht wollen. Man kann hier auch nicht von einer Ortsumfahrung sprechen, die «Spange» führt schliesslich mitten durch das Dorf.

Wie sind Sie als Neuling und einzige Vertreterin einer Mitte-links-Partei im Gemeinderat eigentlich aufgenommen worden?

Bislang habe ich den Gemeinderat als sehr offen erlebt. Ich bin hier nicht auf eine Mauer des Schweigens gestossen. Klar, wenn es zum Beispiel um ein Thema wie Spielplätze geht, merke ich, dass das nicht alle gleich wichtig finden wie ich. Aber dann muss man eben mit Argumenten überzeugen – wie es in demokratischen Gremien üblich ist.

Aber spürten Sie nach Ihrer Wahl nicht Vorbehalte von bürgerlicher Seite?

Nein, das war eher vor den Wahlen der Fall, als man sich überhaupt noch nicht kannte. Mittlerweile stelle ich fest, dass man sehr gut miteinander reden kann. Es ist ja auch so, dass viele Bürgerliche meinen Namen auf den Wahlzettel geschrieben haben. Ansonsten wäre ich kaum gewählt worden.

Sie sind im Gemeinderat also nicht quasi Vertreterin der Opposition?

Ich sehe mich nicht in dieser Rolle. Wie andere mich wahrnehmen, kann ich aber nicht beurteilen. Innerhalb von proEGG bin ich ohnehin dem liberalen Flügel zuzurechnen, so gross sind die Unterschiede also nicht. Trotzdem bin ich mir bewusst, dass in Egg einige wichtige Fragen – wie zum Beispiel die Ortsumfahrung – anstehen und es dort auch Diskussionen geben wird. Ich bin jedoch darauf vorbereitet.

Ihnen wurde das Ressort Sicherheit zugeteilt. Das erinnert an das Schicksal bekannter linker Exekutivpolitiker, denen entgegen ihrem ursprünglichen Willen entsprechende Departemente zugeteilt wurden…

Das sehe ich nicht so. Das Ressort Sicherheit ist sehr breit, es umfasst zum Beispiel die Begleitgruppe Ortsumfahrung ebenso wie die Bürgerrechtsgruppe. Spannend finde ich auch, dass es viele Verbindungen zwischen Polizei und Jugendarbeit gibt. Die Schaffung von Begegnungszonen in unserer Gemeinde, gerade auch für Jugendliche, erachte ich als sehr wichtig.

Gibt es im Dorf Reibungspunkte zwischen der Jugend und älteren Dorfbewohnern?

Ich denke, Egg ist ein guter Ort, um aufzuwachsen, es wird der Jugend einiges geboten. Mir ist wichtig, dass zwischen den Generationen weiterhin ein guter Dialog gepflegt wird.

Welche Akzente wollen Sie in Ihrem Ressort sonst noch setzen?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich muss mich erst einarbeiten und mir Hintergrundwissen aneignen.

Zur Person

Corinne Huber
Gemeinderätin Egg

Bei den Wahlen vom 30. März war in Egg auch nach viermaligem Auszählen nicht bekannt, wer als siebte Person in den Gemeinderat einziehen wird. Corinne Huber (proEGG) und Andreas Schmid (SVP) kamen je auf 843 Stimmen. Also musste zwei Tage später das Los entscheiden: Im Egger Gemeindehaus zog der Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer (parteilos) das Couvert, indem sich der Name von Corinne Huber befand, aus einer Wahlurne. Huber ist damit die erste Vertreterin der im Winter 2012 gegründeten Partei proEGG in der Egger Exekutive. Die PR-Beraterin ist verheiratet, Mutter dreier Kinder und lebt mit ihrer Familie seit sieben Jahren in Egg.