Viel Kritik an der Egger «Spange»
In der reformierten Kirche informierte der Gemeinderat die Bevölkerung über die Varianten zur Verkehrsführung. Der Anlass war gut besucht, nicht wenige Teilnehmer äusserten an den Plänen des Gemeinderats Kritik.
Zumindest bei der Wahl des Veranstaltungsorts kann man dem Egger Gemeinderat keine kurzsichtige Planung vorwerfen: Ursprünglich war vorgesehen, den Informationsanlass zur Verkehrsführung in Egg im «Hirschen»-Saal abzuhalten. Später entschied sich die Egger Exekutive aus Platzgründen zum Umzug in die reformierte Kirche.
Ein weiser Entscheid, denn der Andrang am Donnerstagabend war riesig. Rund 450 Personen waren gekommen, einige von ihnen verbrachten die knapp zwei Stunden dauernde Veranstaltung bei eingeengtem Sichtfeld im Stehen. Den meisten Anwesenden aber bot sich ein guter Blick auf die Power-Point-Folien, mit welchen Bau- und Planungsvorstand Silvano Murchini (FDP) die Varianten zur Verkehrsführung darlegte, über welche die Egger Bevölkerung am 28. September abstimmt.
«Zentrum» oder «oberirdisch»
Zur Auswahl stehen die Varianten «Zentrum» und «oberirdisch ». Letztere ist auch bekannt als «Spange». Gemäss der Zentrumsvariante soll der Verkehr wie bisher über die Forchstrasse fliessen, wobei diese verbreitert werden soll. Ein Forchbahnübergang zum Unterdorf würde ganz, einer für Autos geschlossen. Die Neue Meilenerstrasse würde siedlungsorientiert umgestaltet. Kostenpunkt für die Gemeinde: 3,9 Millionen Franken.
Die Variante «oberirdisch» sieht eine Umleitung des Verkehrs von der Forchstrasse ins Oberdorf vor. Die Neue Meilenerstrasse wird zu diesem Zweck verlängert. Geplant ist weiter eine Unterführung für die Schüler des Schulhauses Bützi. Der Kostenanteil der Gemeinde würde bei dieser Variante 3,6 Millionen Franken betragen.
Zur Diskussion stand einst auch die Variante «überdeckt», die eine Untertunnelung der Neuen Meilenerstrasse vorsah. Murchini bezeichnete diese Variante als «auf den ersten Blick bestechend», aber als nicht finanzierbar. Der Kostenanteil der Gemeinde hätte hier 30 Millionen Franken betragen.
Die Gemeinde bevorzugt die Variante «oberirdisch». Dies, weil sie laut Murchini die Trennung zwischen Ober- und Unterdorf minimiert. Die Forchbahnübergänge zwischen den Dorfteilen müssten anders als bei der Zentrumsvariante nicht aufgehoben werden. Auf der zur Gemeindestrasse abklassierten Forchstrasse könnte der Verkehr reduziert werden. Als weiteres Argument führte Murchini die bei dieser Variante neu geplante Unterführung ins Feld. Komme die «Spange», müssten die Schüler keine stark befahrene Strasse mehr überqueren.
Murchini meinte weiter, dass eine Ablehnung beider Varianten das Worst-Case-Szenario darstellen würde. In diesem Fall könne weder das Dorfzentrum neu gestaltet werden, noch würde die bei vielen unpopuläre «Spange» aus dem Richtplan gestrichen.
Kein zweiter «Fall Uster»
In der Folge gab Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer (parteilos) das Wort frei. Sogleich waren kritische Voten zu hören: Die Planung des Gemeinderats sei ein einziges Flickwerk, meinte ein Anwesender. Man solle besser auf schon vor Jahrzehnten diskutierte Tunnelprojekte zurückgreifen. Rothenhofer antwortete, dass diese in den 1980er Jahren von der Egger Stimmbevölkerung abgelehnt worden seien.
Ein Vertreter der Ortspartei pro Egg sagte, es wäre das Beste, wenn auf der Forchstrasse im Egger Zentrum Tempo 30 eingeführt würde. Hierauf ergriff Markus Traber, der Chef des kantonalen Amts für Verkehr, das Wort. Der Kanton verfolge bei der Bewilligung von Tempo 30 auf seinen Strassen eine restriktive Praxis. Traber stellte weiter klar, dass der Kanton offen sei für beide Varianten. Damit scheint klar, dass in Egg kein zweiter «Fall Uster» droht. Dort hat die Stimmbevölkerung im November 2012 einer Volksinitiative zugestimmt, die eine Unterführung unter der Winterthurerstrasse verlangte. Der Regierungsrat hat in diesem Sommer die Planung auf der heutigen Kantonsstrasse aber gestoppt, indem er die Planungshoheit nicht an die Stadt Uster abtrat.
«Ein Wahnsinn»
Je länger der Abend in der reformierten Kirche dauerte, desto häufiger wurden die Voten gegen die «Spange». «Die bei der ‹Spange› geplante Unterführung wird von den Schülern nicht genutzt werden», meinte ein Votant. «Für wen wird die ‹Spange› eigentlich gebaut?», fragte eine Teilnehmerin, um die Antwort gleich selbst zu geben: «Für Automobilisten, die von Meilen nach Uster fahren. Für diese Leute opfern wir Lebensqualität im Oberdorf.»
Lange zurückgehalten hatten sich die Vertreter der Interessengemeinschaft Ortsdurchfahrt Egg (IG OD Egg), die an vorderster Front gegen die «Spange» kämpfen. Spät ergriff Katharina Kunz von der IG doch noch das Wort: Von der «Spange» seien zweimal mehr Wohneinheiten betroffen als von der Zentrumsvariante, das Oberdorf hätte dann dreimal so viel Verkehr wie heute. «Das ist ein Wahnsinn», meinte sie. Ihrem Votum folgte lauter, lange anhaltender Applaus.
Anders argumentierte Patrick Thalparpan, der einst eine Petition pro «Spange» mitinitiiert hatte. Er führte vor allem die Fussgängersicherheit ins Feld, die er bei der Zentrumsvariante gefährdet sieht. Rolf Rothenhofer machte auf den vermeintlichen Widerspruch der «Spange»-Gegner aufmerksam, wonach zwar alle Leute Strassen befahren würden, jedoch niemand wolle, dass diese vor seinem Haus durchführten. «Irgendwo müssen die Strassen aber durch», so der Gemeindepräsident.
Voten, die die Pläne des Gemeinderats unterstützten, blieben jedoch klar in der Unterzahl. Der 28. September wird zeigen, ob der vergangene Donnerstagabend ein repräsentatives Bild des Bevölkerungswillens zeichnete oder ob das Meinungsverhältnis in der reformierten Kirche lediglich einer guten Mobilisierung der «Spange»-Gegner geschuldet war.