, ZO/AvU, Kevin Weber

EGGER SAGEN JA ZUR ERHÖHUNG DES STEUERFUSSES

Der Gemeinderat musste an der Gemeindeversammlung viel Kritik einstecken. Die Steuern darf er erhöhen, aber weniger stark.

Gestern Abend bewegten sich die Temperaturen in Egg gegen den Nullpunkt. Genauso garstige Stimmung wehte in der reformierten Kirche auch dem Egger Gemeinderat entgegen. Hatte er den anwesenden Stimmbürgern doch einen gewichtigen Antrag vorzulegen. Gleich um sechs Prozentpunkte wollte er die Steuern erhöhen. Dass dieser Vorstoss bei den Stimmbürgern für keine Glücksgefühle sorgen sollte, zeigte sich schnell. Mit 284 Stimmberechtigten war die Versammlung so gut besucht wie wohl schon lange nicht mehr.

Die Versammlung begann sogleich mit dem harten Brocken – dem Budget 2022. Darin schreibt die Gemeinde ein Minus von 1,3 Millionen Franken – die vorgeschlagene Steuererhöhung ist darin bereits eingerechnet. Es ist bereits das zweite Millionenminus in Folge. Er habe bereits in den vergangenen Versammlungen immer wieder auf ein strukturelles Defizit von etwa zehn Steuerprozentpunkten in den Egger Gemeindefinanzen hingewiesen, sagte Finanzvorstand Erich Haller (FDP). «Das fordert nun Massnahmen.»

Ursprünglich rechnete der Gemeinderat gar mit einem Defizit von 4,6 Millionen Franken. Um dies abzuwenden, tätigte er gewisse Massnahmen. So habe man einen Drittel des Aufwandüberschusses durch gezielte finanzielle Verbesserungen eingespart, sagte Haller. Einen weiteren Drittel seien zulasten des Eigenkapitals verbucht worden. Und den letzten Drittel sollte mit der vorgeschlagenen Steuererhöhung aufgefangen werden. Damit rechnet Haller im Budget 2023 mit einer «schwarzen Null».

Bei den Stimmbürgern stiess dieses Vorhaben auf Skepsis. Ein Votant sprach Gemeindepräsident Bolliger darauf an, dass er vor Jahren mal gesagt habe, dass mit den Egger Finanzen alles in Ordnung sei und dass die Gemeinde niemals die Steuern erhöhen müsse. Nun sei jedoch das Gegenteil der Fall. «In Egg haben wir das teuerste Wasser, die teuerste Bildung und den teuersten Fussballplatz der Schweiz.»

Fehlende Strategien

Weitere Votanten übten Kritik aus – auch wenn auch etwas verhaltener. Mehrere Redner bemängelten, dass der Gemeinderat zwar eine Strategie für die Bewältigung der Ausgaben, aber keine für die Generierung von Einnahmen habe. «Der Steuerfuss ist ein Attraktivitätsfaktor für eine Gemeinde. Wenn wir ihn erhöhen, muss Egg das künftig ausgleichen. Was wird gemacht, um Steuerzahler anzuziehen? Es irritiert mich, dass es hierzu keinen Plan gibt», sagte eine Votantin. Ein weiterer Votant merkte an, dass andere Gemeinden Strategien hätten, um steuerkräftige Firmen anzuziehen. «In Egg gibt es so etwas nicht.»

Neben Kritik hagelte es aber auch mehrere Anträge. Ein Votant stellte den Antrag, dass die Steuern gar nicht erhöht werden sollen. Ein anderer Votant bewog sich in die ganz andere Richtung und wollte gar eine Erhöhung um zehn Prozent. FDP-Präsident Stefan Schmid versuchte derweil, mit einem Änderungsantrag die Erhöhung um drei Prozentpunkte zu reduzieren.

Diskussion abgebrochen

Nach diversen Wortmeldungen ergriff ein englisch sprechender Votant das Wort und wollte etwas am Budget bemängeln. Nachdem zuerst unklar war, ob er überhaupt stimmberechtigt ist, wurde er von Gemeindepräsident Bolliger unterbrochen. «Ich akzeptiere nicht, dass während der Versammlung englisch gesprochen wird.» Dem Votanten wurde in der Folge das Mikrofon abgenommen, und ihm blieb nur ein frustriertes «they should be sacked» in Richtung Gemeinderat übrig. Nach diesem Akt wurde es einem Votanten zu bunt. Er stellte einen Ordnungsantrag für Abbruch der Diskussion. Dieser wurde mit 210 Ja- zu 24 Nein-Stimmen genehmigt.

Danach kamen alle vier Anträge vor den Souverän. In der ersten Runde war der Antrag um 10 Prozent chancenlos. In der zweiten Runde versenkten die Stimmberechtigten den ursprünglichen Antrag des Gemeinderats. Schliesslich sprach sich das Stimmvolk für eine Erhöhung von drei Prozentpunkten aus. In der Schlussabstimmung genehmigten die Stimmbürger das Budget mit 151 Ja- zu 83 Nein-Stimmen. «Wenn wir jetzt Nein sagen, bekommen wir ein Notbudget», warnte Bolliger nochmals. Dieser Appell fruchtete. Dem Budget mit einem Defizit von 2,2 Millionen Franken und einem Steuerfuss von 101 Prozentpunkten stimmten die Egger mit 203 Ja- zu 45 Nein-Stimmen zu.