, ZO/AvU Benjamin Rothschild

Stimmbürger zeigen Schulen Grenzen auf

Die Stimmbürger von Egg möchten nicht, dass die Schulen einen Parkplatz und eine Landparzelle verkaufen. Ausserdem halbieren sie die Ausgaben für Tagesstrukturen.

Der Ablauf der beiden am Montag über die Bühne gegangenen Gemeindeversammlungen erinnerte an einen dramaturgischen Steigerungslauf, der auch einem Drehbuch hätte entstammen können. Auch das grosse Finale mit überraschendem Ausgang durfte nicht fehlen. Doch der Reihe nach.

Der Abend im «Hischen»-Saal begann mit der Versammlung der Politischen Gemeinde, die den Charaktereines Vorspanns hatte. Als erstes Traktandum wurde den 186 Stimmberechtigten der Voranschlag 2014 vorgelegt. In der Hauptrolle: Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer, der den ferienhalber abwesenden Finanzvorstand Tobias Bolliger vertrat. Das Minus von rund750 000 Franken gab ebenso wenig zu Diskussionen Anlass wie der auf40 Prozent belassene Steuerfuss. Das Budget 2014 wurde mit nur einer Gegenstimme angenommen.

Eine Spur emotionaler verliefen dann die Diskussionen zum zweiten Traktandum: Infrastrukturvorstand Markus Ramsauer legte den Anwesenden die Abrechnungen über zwei Bauprojektebetreffend die Abwasserreinigungsanlage Esslingen vor. Einer der im Juni2009 von der Gemeindeversammlung genehmigten Projektierungskredite wurde um insgesamt rund 151 000 Frankenüberschritten. Die Rechnungsprüfungskommission(RPK) zeigte sich ob dieser doch massiven Kostenüberschreitung erstaunt, empfahl aber die Genehmigung der beiden Abrechnungen. Die Gemeindeversammlung kam dieser Empfehlung mit jeweils deutlichen Mehrheiten nach.

Ringen um Formulierungen

Richtig spannend sollte es dann an der Versammlung der Schulgemeinde werden: Im Rahmen des ersten Traktandums hatten sich die mittlerweile 188 anwesenden Stimmbürger mit dem Budget 2014 zu befassen. Der für die Finanzenzuständige Schulpfleger, Tobias Infortuna, schien mit seinem Namen geradezu prädestiniert, den Anwesenden die tatsächlich etwas unglücklichen Zahlen zu präsentieren. Anders als im Jahr 2013 werden der Gemeinde Egg im kommenden Jahr nämlich keine Zahlungen aus dem kantonalen Ressourcenausgleichzugesprochen. Die Schulpflege beantragte der Gemeindeversammlung eine Anhebung des Steuerfusses von 55 auf 58 Prozent. Gleichzeitig sollten Einsparungen in Höhe von rund 480'000 Franken getätigt werden – ohne Beeinträchtigung des Kerngeschäfts Bildung. Die Anwesenden stellten sich hinter diese Finanzpolitik der Schulpflege: Das Budget und die Steuererhöhung wurden mit lediglich sieben Gegenstimmen genehmigt.

Dann stand das mit Spannung erwartete zweite Traktandum an – der Verkauf von vier Grundstücken durch die Schulen Egg. Von Anfang an war bei diesem Geschäft Feuer unter dem Dach: Der Antrag eines Stimmberechtigten, wonach über den Verkauf der Liegenschaften einzeln abzustimmen sei, wurde deutlich angenommen. Die Schulpflege hatte ursprünglich eine einzige Abstimmung über sämtliche vier Liegenschaften vorgesehen.

Schulpfleger Christoph Domeisenversuchte mit seinen Ausführungen, dem Thema die Brisanz zu nehmen. Die Liegenschaften sollten nicht sofortveräussert werden, es gehe lediglich um eine Verkaufsermächtigung. Auch solle mit dem Liegenschaftsverkauf keinesfalls die laufende Rechnung verbessert werden. Es gehe darum, bei der Schulraumplanung mehr finanziellen Spielraum zu haben. Doch all die Beschwichtigungen halfen nichts, die Voten der Anwesenden blieben emotional. Vor allem der Verkauf des Parkplatzes an der Pfannenstielstrasse gab zu reden. «Wo sollen denn die Lehrer und die Eltern in Zukunft ihre Fahrzeuge abstellen?», fragte eine Stimmbürgerin. «Die Kindersollen den Schulweg sowieso zu Fuss oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf sich nehmen», entgegnete eine andere. Bevor aber über die Verkäufe der einzelnen Liegenschaften abgestimmt werden konnte, hatte die Schulgemeindeversammlung erst noch über einen Antrag der RPK zu entscheiden. Diese beantragte, den Wortlaut des Geschäfts abzuändern. Statt «grundsätzlich an den Meistbietenden» sollten die Liegenschaften schlicht an den Meistbietenden verkauft werden. Gemäss Schulpfleger Domeisen hätte mit der ursprünglichen Formulierung verhindert werden sollen, dass die Liegenschaften zum Beispiel an einen Bordellbetreiber als Meistbietenden veräussert werden. Die Gemeindeversammlung stimmte dem Antrag der RPK mit 103 Ja- zu 64 Nein-Stimmen zu, das Wort «grundsätzlich» wurde gestrichen.

Nun konnte endlich über die Liegenschaftsverkäufe abgestimmt werden –dachte man. Zuerst wurde der Parkplatz an der Pfannenstielstrasse Gegenstand eines neuen Antrags: Über den Verkauf dieser Liegenschaft solle gar nicht erst abgestimmt werden, bis die Schulen neue Parkmöglichkeiten vorweisen könnten – ein Antrag, der von einer deutlichen Mehrheit angenommen wurde.

Hauchdünne Mehrheit

Was die drei verbliebenen Liegenschaften betraf, erteilte die Gemeindeversammlung den Schulen in zwei Fällen die Ermächtigung zum Verkauf. Klarabgelehnt wurde aber eine Veräusserung der Landparzelle Chüferwies an der Flurstrasse.

Als drittes und letztes Traktandum hatte die Schulgemeindeversammlung über die Genehmigung von jährlich wiederkehrenden Ausgaben von160'000 Franken für die Tagesstrukturen zu befinden. Schulpflegerin Claudia Beck unterstrich die Notwendigkeit von Mittagstischen oder von Nachmittagsbetreuung. Die Nachfrage nachsolchen Angeboten sei stetig gestiegen. Ausserdem würden Kinder im Rahmen von Tagesstrukturen früh mit Gleichaltrigen in Kontakt kommen, was bei der Entwicklung ihrer Sozialkompetenzhilfreich sei.

Diese Argumente brachten die RPK nicht davon ab, einen Antrag auf Halbierung der Beträge zu stellen. Aufgrund der finanziell angespannten Lage der Egger Schulen solle die Gemeindeversammlung lediglich jährliche Ausgaben von 80'000 Franken genehmigen. «In diesem Fall müssten die täglichen Elternbeiträge erhöht werden. Viele Eltern werden ihre Kinder dann nicht mehr in Tagesstrukturen schicken», gab Claudia Beck zu bedenken. Überraschend stimmte am Ende eine hauchdünne Mehrheit von 83 Jagegenüber79 Nein-Stimmen dem Antrag der RPK zu. Die betretenen Mienen der Schulpflegevertreter auf dem Podium verrieten, dass sie mit diesem Ausgang nicht gerechnet hatten.