, ZO/AvU, Lea Müller

Egger Verkehrsplanung im Tiefschlaf

Keine neue Verkehrsführung durch Egg. So haben es die Egger Stimmbürger letztes Jahr entschieden. Jetzt, ein Jahr später, fordert die IG OD Egg eine schriftliche Bestätigung, dass keine Strasse durch das Oberdorf gebaut wird – im Richtplan ist nach wie vor eine eingetragen.

Seit fast einem Jahr ist es ruhig um die Egger Verkehrsführung. Zu ruhig, könnte man meinen. In den letzten Jahren wurden angeheizte Diskussionen um die Varianten, die der Gemeinderat ausarbeitete, geführt. Das Dorf teilte sich in zwei Lager. Die Variante «Ortskernumfahrung oberirdisch» – auch «Spange» genannt – sah vor, den Verkehr von der Forchstrasse in die Neue Meilenerstrasse im Egger Oberdorf umzuleiten. Dies hätte die Errichtung eines neuen Strassenabschnitts von rund 150 Meter Länge nötig gemacht. Bei der Variante «Verkehr durch das Zentrum» hätte der Verkehr weiterhin über die Forchstrasse geführt, wobei diese verbreitert worden wäre. Eine neue Strasse im Oberdorf hätte es in diesem Fall nicht gegeben.

Am 28. September 2014 folgte die Abstimmung über die verkehrstechnische Zukunft der Gemeinde. Das Ergebnis war ernüchternd: Keine der beiden Varianten wurde vom Egger Stimmvolk angenommen. Die Partei Pro Egg setzte sich vor der Abstimmung für die Ablehnung beider Varianten ein – eine Ortsumfahrung sei die bessere Lösung. Dies schienen auch die Egger Stimmbürger so zu sehen. «Gespräche mit den umliegenden Gemeinden laufen», sagt Tobias Zerobin, Gemeindeschreiber von Egg. Spruchreif sei noch nichts.

«Worst-Case-Szenario»

Somit trat die Nullvariante in Kraft, die gar keine neuen Strassen nach Egg bringt. Sie wurde vom Egger Gemeinderat, der die Variante «Oberirdisch» unterstützte, im Vorfeld der Abstimmung als «Worst-Case-Szenario » bezeichnet. Es hält nun seit mittlerweile einem Jahr an. In dieser Zeit hat sich laut Zerobin wenig getan. «Die einzig sichtbare Konsequenz der Abstimmung ist die Sanierung der Forchbahnübergänge und speziell die Schliessung des Forchbahnübergangs bei der Kirche», sagt er.

Die vom Bund verordnete Sanierung der Forchbahnübergänge war es denn auch, die die Abstimmung über die Egger Verkehrsführung aus Sicht des Gemeinderats nach über 30 Jahren notwendig machte. Sowohl die Variante «Oberirdisch» als auch «Zentrum» hätten Auswirkungen auf die Forchbahn gehabt. Man wolle die Übergänge nicht im Nachhinein wieder abändern müssen, sagte Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer (parteilos) damals.

Dass die Forchbahn im Sommer den Übergang bei der Kirche schloss, schien jedoch einige Egger zu überraschen. «Wir erhielten zahlreiche Rückmeldungen », sagt Zerobin. «Viele sind erschrocken, da sie nicht damit gerechnet haben, dass die Nullvariante diese Bauarbeiten nach sich ziehen wird.»

IG als Sündenbock

Eine Erfahrung, die auch Katharina Kunz von der Interessengemeinschaft Ortsdurchfahrt Egg (IG OD Egg) machte. «Viele geben uns die Schuld, dass der Bahnübergang geschlossen wurde », sagt sie. Zwar weist sie die Vorwürfe von sich – die IG OD Egg habe immer transparent informiert –, zeigt jedoch Verständnis. «Unzufriedenheit braucht einen Sündenbock.» Das Thema Verkehrsplanung sei nach wie vor aktuell für die Egger Bevölkerung.

Sowohl von Befürwortern der Variante «Oberirdisch» als auch der Variante «Zentrum» werde sie oft gefragt, wie es um die Streichung der Baulinien im kantonalen Richtplan stehe. Seit über 30 Jahren ist die Ortskernumfahrung, die als «Spange» hätte ausgebaut werden können, dort eingetragen. Deren Streichung ist laut IG OD Egg die logische Konsequenz der Ablehnung der Variante «Oberirdisch».

Noch ist aber nichts beschlossen. Momentan wird aber der neue Quartierplan für das Oberdorf ausgearbeitet. «Bald sollte die erste Erschliessungsstudie vorliegen», sagt Tobias Zerobin. «Sollte sich zeigen, dass die Baulinien gleichzeitig als Erschliessung des Quartierplangebiets dienen, können diese gleich genutzt werden und damit das Quartierplanverfahren vereinfacht werden.» Daneben warte man noch auf einen Entscheid des Kantons Zürich. Das kantonale Amt für Verkehr arbeite zurzeit an einer Studie zur Verbesserung der Sicherheit der Forchstrasse. «Noch liegen keine Ergebnisse vor», sagt Zerobin.

Damit zeigt sich Katharina Kunz, die selber im Oberdorf wohnt und neue Strassen verhindern will, nicht zufrieden. Der Gemeinderat wolle mit dem Verweis auf den Kanton vom eigentlichen Problem ablenken. «Das ist alles Augenwischerei. Der Volksentscheid muss konsequent umgesetzt werden. Dazu gehört die Streichung der Baulinien. » Das Argument des Gemeinderats, die nächste Richtplanrevision stehe erst 2025 an, lässt sie nach wie vor nicht gelten. «Der Kanton hat nach dem Abstimmungsentscheid die Durchfahrt in Egg bereits diesen Frühling aus der Liste der kantonalen Strassenprojekte gelöscht. Mit einer Beschlussfassung des Kantonsrats könnten auch die Baulinien schon früher gelöscht werden.»

Bereits kurz nach der Abstimmung machten sich «Spangen»- Befürworter für den Erhalt der Baulinien im Richtplan stark – mit Verweis auf die Stichfrage an der Abstimmung. Mit ihr sollte geklärt werden, welche Variante umgesetzt würde, wenn beide angenommen werden sollten. Die Egger sprachen sich mit 1687 zu 1457 Stimmen für die Ortskernumfahrung aus. Für Katharina Kunz lediglich eine rhetorische Frage. «Die Stichfrage hätte nur dann als Argument gegolten, wenn beide Varianten angenommen worden wären», sagt Kunz. «Die im Vergleich zur ganzen Abstimmung tiefe Stimmbeteiligung bei dieser Frage zeigt ja bereits, dass die Einwohner keine der beiden Varianten als optimal erachten.» Auch die von ihr unterstützte Version «Verkehr durch das Zentrum» bezeichnet sie als «nicht das Gelbe vom Ei». Es sei der IG OD Egg von Anfang an um eine Güterabwägung gegangen, bei der für sie der Lebensraum Oberdorf mehr Gewicht habe.

Nächste Runde eingeläutet

Gemeinsam mit anderen Vertretern der IG OD Egg hat sie darum Anfang Monat einen Brief an den Gemeinderat verfasst, in dem sie die konsequente Umsetzung der Nullvariante fordert. Zusätzlich hängt seit kurzer Zeit im Oberdorf ein Plakat, auf dem die IG OD Egg die Umsetzung des Volksentscheids fordert – inklusive Löschung der Baulinien. Mündlich habe Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer bereits bestätigt, dass der gesamte Gemeinderat den Volksentscheid respektiere und die «Spange» somit gestorben sei. Die geforderte, schriftliche Bestätigung blieb jedoch bisher aus. Tobias Zerobin will indes keinen Ausblick geben, wann mit neuen Schritten gerechnet werden kann. So gehen die Verhandlungen um die Egger Verkehrsplanung in die nächste Runde. Wenn auch scheinbar etwas ruhiger als in den vergangenen Jahren.