, ZO/AvU, Lea Chiapolini

Wasserpreis steigt in drei Jahren um 1450 Prozent

Die Spezialfinanzierung der Egger Wasserversorgung ist seit Jahren defizitär. Nun will der Gemeinderat die Grundgebühr pro Haushalt um 200 Franken erhöhen. Die Egger Ortsparteien stehen dem erneuten Aufschlag kritisch gegenüber, stellen den Handlungsbedarf aber nicht infrage.

Nur drei Jahre nach der letzten Anpassung der Wasserpreise steht den Einwohnern der Gemeinde Egg die nächste Preiserhöhung bevor. Ab 1. Oktober werden sie neu eine Grundgebühr von 290 statt 90 Franken pro Haushalt bezahlen. Damit will der Gemeinderat Mehreinnahmen von 710'000 Franken generieren, um die Spezialfinanzierung der Wasserversorgung aus den roten Zahlen zu bringen.

Als Schuldkredit finanziert

Diese ist schon seit 2009 defizitär und zeigt momentan einen Negativsaldo von 744'000 Franken auf. «Die Bereiche Wasser, Abwasser und Abfall werden durch Spezialfinanzierungen abgerechnet, die nicht durch Steuern, sondern durch Gebühren finanziert werden – oder werden müssten», sagt Tobias Zerobin, Gemeindeschreiber von Egg. Momentan werde der Negativsaldo von der Gemeinde finanziert – damit zwar durch Steuereinnahmen, jedoch als Kredit der Gemeinde in einem Schuldverhältnis.

Eine Tariferhöhung der Grundgebühr im Oktober 2013 von 20 auf 90 Franken sowie die Erhöhung der Wasserzählermiete und des Frischwasser- tarifs hatte Mehreinnahmen von rund einer halben Million Franken pro Jahr erwirkt. Dennoch sind laut dem Gemeinderat heute zusätzliche Mehrerträge von rund 250'000 Franken zur Deckung des Aufwands sowie jährliche Mehreinnahmen von 200'000 Franken für den Schuldenabbau und die Sanierung der Spezialfinanzierung nötig.

Fragen offen

Bereits tauchten erste kritische Stimmen aus der Bevölkerung auf. «Mit Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, dass die Wassertarife in Egg pro Haushalt angepasst werden – und das nicht moderat, sondern um 322 Prozent», sagt der Egger Werner Senn, der sich selber als «aufmerksamen Bürger, der die Finanzen immer im Auge hat», bezeichnet. Er macht denn auch die Rechnung noch genauer: «Das bedeutet, dass die Erhöhung der Grundgebühr innert dreier Jahre 1450 Prozent beträgt.» Er sei sehr zufrieden mit der Wasserqualität in Egg und honoriere auch die laufende Erneuerung der Wasserversorgung, aber eine so hohe Anpassung lasse Fragen offen.

«Trotz der Tariferhöhung 2013 mussten wir feststellen, dass die Investitionskosten nicht gedeckt werden können», sagt Tobias Zerobin. Denn der Ausbau der Zone Esslingen sah den Bau von zwei neuen Reservoiren vor. Das Reservoir Esslingen wurde in einer ersten Etappe 2015/2016 erstellt, der Spatenstich für das Reservoir Büelholz fand im Juni statt. «Es war zeitlich schwer abzuschätzen, wann diese Bauprojekte fällig werden», sagt Zerobin. «Im Nachhinein haben wir wohl zu knapp kalkuliert und hätten die Tarife bereits 2013 stärker erhöhen sollen.»

Bis 2019 werden der Aufwand und insbesondere die Kapitalfolgekosten aufgrund der hohen Investitionen in die Reservoire und der periodischen Sanierungen der Leitungen noch weiter ansteigen. Ohne konkrete Projekte auf Vorrat Geld anzuhäufen, hält Zerobin für nicht nötig.

Empfehlung der RPK

Gemäss Empfehlung zur Finanzierung der Wasserversorgung des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfachs sind mindestens 50 Prozent der Erträge über die Grundgebühren zu generieren. «Bisher machte die Grundgebühr einen Einnahmenanteil von lediglich rund 20 Prozent aus», sagt Zerobin. Am Ansatz für die Wasserzählermiete und den Frischwassertarif solle hingegen festgehalten werden. «Bei einer positiven Entwicklung der Spezialfinanzierung werden die Gebühren sicher wieder ein Thema werden.»

Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) empfiehlt im aktuellen Bericht zur Jahresrechnung 2015, die Wasserversorgungsgebühren zu erhöhen, um den Verlust in der Spezialrechnung auszugleichen. «Die RPK ist sich bewusst, dass die hohen Investitionen der letzten Jahre einen hohen Abschreibungsbedarf im Verwaltungsvermögen verursacht haben und dass diese den grössten Anteil des Verlusts der Wasserrechnung ausmachen», schreibt sie in ihrem Bericht. Sie schlägt zudem vor, gleichzeitig die Gebühren bei der Spezialfinanzierung Abfall zu senken, weil bei die- ser Überschüsse bestehen. «Dadurch würden für die Einwohner der Gemeinde keine wesent- lichen Mehrkosten entstehen.»

Eine Reduktion der Kehrichtgebühren wird laut dem Gemeinderat aber frühestens auf das Jahr 2018 geprüft. Nach der Umstellung auf den Egger-Sack sowie dem Wechsel des Abfuhrunternehmens im Januar 2015 sei es von Vorteil, zirka drei Jahre abzuwarten und dann die Erfahrungen entsprechend einfliessen zu lassen. «Es ist wichtig, dass die Einwohner nicht schon wieder mit einer Veränderung im Bereich Abfall konfrontiert werden», schrieb der Gemeinderat in seiner Antwort an die RPK.

Beschränkter Spielraum

Die Egger Ortsparteien begrüssen die erneute Tariferhöhung zwar nicht, sehen aber auch Handlungsbedarf. «Es ist zu begrüssen, wenn der Gemeinderat einen ausgeglichenen Gebührenhaushalt anstrebt», sagt Tobias Infortuna, Präsident der Egger SVP. «Natürlich ist eine Erhöhung der Gebühren nie schön, und auch hier sollte immer zuerst auf der Ausgabenseite angesetzt werden. Der Spielraum ist in diesem Bereich aber beschränkt.»

Auch die FDP ist der Meinung, dass der defizitäre Wasserhaushalt in Egg über die Gebührenerträge ausgeglichen werden muss. «Die Kostenüberschreitungen im Bereich Wasserversorgung, zuletzt bei den Sanierungen von Grund- und Quellwasserfassungen, werfen allerdings die Frage auf, ob die Planungsarbeiten des Gemeinderats genügend sorgfältig und mit dem notwendigen Kostenbewusstsein erfolgen», sagt Stefan Schmid, Präsident der Egger FDP. Dennoch sei die FDP erstaunt und befremdet über die geplante massive Erhöhung der Grundgebühren auf mehr als das Dreifache, vor allem, weil die letzte Gebührenerhöhung nur drei Jahre zurück liege. Auch sie erwartet, dass die Bevölkerung in anderen gebührenfinanzierten Bereichen, die Überschüsse erwirtschaften, entlastet wird.

Auch Sergio Oesch, Präsident der Ortspartei Pro Egg, findet kritische Worte. «Es ist ein gewaltiger Aufschlag, der jeden Haushalt in Egg gleich trifft, egal, wie viel Wasser er bezieht und wie viel Geld er zu Verfügung hat», sagt Oesch. «Die aufgelaufenen Kosten müssen nun aber gedeckt werden.» Eine sozialere und/oder Verursacherorientiertere Lösung wäre ihm aber lieber.

Infrastruktur kostspielig

«Der Wasserleitung ist es egal, wie viele Leute sie bedienen muss», sagt Gemeindeschreiber Tobias Zerobin. «Die Infrastruktur ist überall gleich teuer.» Nicht die Aufbereitung des Wassers, sondern die Werterhaltung der Infrastruktur sei kostspielig. Die Grundgebühr an die Anzahl Personen zu koppeln, die in einem Haushalt lebten, mache zudem wenig Sinn. «Die Belegung der Wohnungen ändert ständig. Die Gebühren an die Personenanzahl anzupassen, wäre ein zu grosser Aufwand.»

2013 schrieb der Gemeinderat, eine Gegenüberstellung mit vergleichbaren Wasserversorgungen zeige, dass die Wassergebühren der Gemeinde Egg trotz der damaligen Erhöhung immer noch im Mittelfeld lägen. «Wir sind zwar nach oben gerutscht, gehören aber nach wie vor nicht zu den teuersten Gemeinden», sagt Zerobin. Der Beschluss des Gemeinderats liegt momentan bei der Gemeinderatskanzlei zur Einsicht auf – und ist rekursfähig.