, ZO/AvU, Jennifer Furer

Emotionaler Abschied an der Gemeindeversammlung

Die Egger Gemeindeversammlung hat sich am Montagabend für eine neue Behördenentschädigung ausgesprochen. Der Nachfolger von Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer (parteilos) wird künftig weniger verdienen.

79 Stimmberechtigte haben sich am Montagabend im Egger Hirschensaal zur Gemeindeversammlung eingefunden. «Wir haben alles in die Wege geleitet, dass es einen schönen Abend gibt», sagte Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer, der nach 16 Jahren Amtszeit seine letzte Versammlung leitete, in gewohnt gelassener und humorvoller Manier.

Gelassen konnte er allemal sein. Die zwei Traktanden, die Jahresrechnung 2017 und die Revision der Behördenentschädigung, boten kaum Diskussionsstoff. Die laufende Rechnung schloss bei einem Aufwand von rund 49 Millionen Franken und einem Ertrag von rund 52,6 Millionen Franken mit einem Plus von rund 3,6 Millionen Franken. Das ist rund 5,4 Millionen Franken besser als budgetiert. Gründe dafür sind laut Finanzvorstand Tobias Bolliger (FDP), der ab dem 1. Juli das Amt von Rothenhofer übernimmt, ausserordentliche Steuererträge, die Erträge aus der Grundstückgewinnsteuern und der Gewinn durch Liegenschaftsverkäufe, wie der Verkauf des ehemaligen Schulhauses in Esslingen. Ohne Gegenstimme winkte die Gemeindeversammlung das Traktandum durch.

«Der Chilbi-Platz ist gross genug»

Ein Votant sorgte vor der Abstimmung jedoch für Stirnrunzeln – bei den Stimmberechtigten, vor allem aber auch beim sonst so entspannt wirkenden Rothenhofer. Mit breitem englischem Akzent beschwerte sich der Egger über den «neuen, zu kleinen Chilbi-Platz» und den «grauenhaft schwarzen Asphalt». Zudem monierte er die geringe Anzahl an Parkplätzen in der neu gebauten Tiefgarage - «es sind ja nur 69.» Rothenhofer entgegnete leicht erregt: «Das hat ja überhaupt nichts mit der laufenden Rechnung zu tun. Sie können das im Dezember anbringen, wenn wir über die Abrechnung des Chilbi-Platzes und der Tiefgarage befinden.» Der Gemeindepräsident fügte an: «Ausserdem ist der Chilbi-Platz gross genug.» Nach diesem Konter dauerte es nicht lange und der Mann verliess den Hirschensaal

«Wir sind nicht angestellt, haben nicht einmal eine Pensionskasse. Es ist nichts als richtig, dass wenn die Kosten ansteigen, wir dann auch entsprechend entschädigt werden.»

Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer (parteilos)

Weiter traktandiert war am Montagabend die Revision der Behördenentschädigung. Der Gemeinderat beantragte, dass die zwei Entschädigungsverordnungen der Politischen Gemeinde und der Schulpflege beziehungsweise Fortbildungskommission vereint und den heutigen Gegebenheiten angepasst werden. Daraus resultiert eine neue Verordnung, in der einige Behördenmitglieder mehr verdienen als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, die anderen weniger (siehe Box).

Mit 77 Ja-Stimmen zu 2 Nein-Stimmen genehmigte die Gemeindeversammlung auch dieses Traktandum. Einer, der sich dagegen aussprach, stiess sich daran, dass die Entschädigung der Teuerung untersteht. Der Votant stand auf, wandte sich zu den Stimmberechtigten und fragte: «Haben Sie in Ihrem Arbeitsvertrag automatisch den Teuerungsausgleich drin? Ich nicht. Und ich finde es komisch, dass den Behördenmitgliedern dieser gezahlt wird.» Rothenhofer entgegnete: «Wir sind nicht angestellt, haben nicht einmal eine Pensionskasse. Es ist nichts als richtig, dass wenn die Kosten ansteigen, wir auch entsprechend entschädigt werden.»

«Tritt frisch auf, tu‘s Maul auf, hör bald auf»

Gemeindepräsident Rolf Rothenhofer

«Keine Angst, respektive Freude, es gibt keine Zugabe»

Für Rothenhofer war es das letzte Argument, das er als Gemeindepräsident anbringen konnte. Denn nach der Abstimmung hiess es nach 16 Jahren als Gemeindepräsident und 28 Jahren als Gemeinderat Abschied nehmen. Doch bevor Rothenhofer sich in den Ruhestand verabschieden konnte, bedankte er sich bei den drei Gemeinderäten, Bau- und Planungsvorsteher Silvano Marchini (FDP), Sozialvorsteherin Maja Gonseth (FDP) und Gesundheits- und Landwirtschaftsvorstand Matthias Menzi (SVP), die ihr Amt ebenfalls abgeben.

Dann bekam schliesslich auch Rothenhofer sein Abschiedgeschenk überreicht. Als die Stimmberechtigten aufstanden, ihm eine Standing-Ovation boten und laut klatschten, kullerten bei Rothenhofer Tränen. Doch er hatte auch in dieser Situation einen Spruch auf Lager. «Tritt frisch auf, tu‘s Maul auf, hör bald auf», zitierte er den deutschen Reformator Martin Luther in seiner Abschiedsrede. Er beendete diese mit dem Satz «Keine Angst, es gibt keine Zugabe.»



Egger Gemeindepräsident verdient künftig weniger

Im Egger Gemeinderat sollen neu alle Mitglieder dieselbe Grundentschädigung in der Höhe von 30‘000 pro Jahr Franken erhalten. Im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre verdienen die meisten somit zwischen rund 1000 bis 4000 Franken mehr. Auch der Bildungsvorstand und somit die Schulpflegepräsidentin verdient neu 45‘000 Franken, 30‘000 für die Funktion als Mitglied des Gemeinderats und 15‘000 Zulagen für ihr Amt als Schulpflegepräsidentin. Somit steigt die Entschädigung um 10‘000 Franken. Grund dafür ist die Querschnittsfunktion, die dieses Amt neu in den zwei Behörden, Gemeinderat und Schulpflege, zu leisten hat.

Bei den Gemeinderäten verdient einzig der Hochbauvorsteher 1000 Franken weniger. Und auch der Gemeindepräsident, ab dem 1. Juli ist dies der bisherige Finanzvorstand Tobias Bolliger (FDP), muss Abstriche machen: Im Vergleich zu den letzten fünf Jahren soll er 2000 Franken weniger und somit neu 55‘000 Franken verdienen. Grund: Die Mitgliedschaft in der Baukommission fällt weg und das Ressort Liegenschaften soll neu nicht mehr im Ressort Präsidiales angesiedelt sein.

Wegfall von zehn Sitzungen

Während es in der Rechnungsprüfungskommission nur zu geringen Änderungen kommt (Mitglieder verdienen 3000 Franken, der Präsident 7‘000 Franken), wird vor allem bei der Sozialbehörde gekürzt. Mitglieder verdienen nicht mehr rund 5000 sondern 4000 Franken. Dies, weil seit der Einführung der KESB im Jahr 2013 der Aufgabenbereich um das Vormundschaftswesen reduziert, was einen Wegfall von zehn Sitzungen im Jahr bedeutet.

Abstriche müssen auch einige Mitglieder der Schulpflege machen. Die Entschädigung wird neu einheitlich auf 20‘000 Franken gesetzt. Bisher verdienten die Mitglieder zwischen rund 19‘000 bis fast 25‘000 Franken. Ein Grund dafür ist, dass das Ressort Finanzen und Liegenschaften/Infrastruktur entfällt und dem Gemeinderat zugeschlagen werde.       

Gesamthaft betrachtet reduziert sich die Gesamtsumme der Behördenentschädigung von rund 445‘000 auf 406‘000 Franken im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Grund für die Revision sei die Einführung der Einheitsgemeinde am 1. Januar 2016 und damit einhergehend die Anpassung der Behördenstruktur, argumentierte die Rechnungsprüfungskommission im Vorfeld der Versammlung. Zudem soll der Aufwand bei der Erfassung und Verarbeitung von Behördenentschädigung durch die Einführung von Pauschalentschädigungen reduziert werden.