, ZO/AvU, Max Kern

Bäumiger Preis für Egger «Häuser in den Bäumen»

Bauherrin Simone Baumann wird für ihre Öko-Siedlung «In den Bäumen» in Egg mit dem «Binding-Innovationspreis für Biodiversität» ausgezeichnet. Der Preis: Ein Sack Läckerli und mehrere Tausend Franken.

Dachterrassen-Gärten statt luxuriöse Attika-Wohnungen, Erdsonden- statt Erdölheizung. Auf den Dächern wachsen Magerwiesen, Gemüse, Obst und Beeren. Einzelne Innenwände sind mit Lehm verputzt, der beim Aushub der drei Häuser angefallen ist. Kletterpflanzen begrünen die aus vorgegrautem Holz bestehenden Aussenfassaden. Netze aus mattem Edelstahl dienen nicht nur Kindern und Haustieren als Absturzsicherung, sondern sind mit essbaren Kletterpflanzen begrünt. Ein Bach mit kleinem Wasserfall umspült fast die ganze Siedlung. Das auf den Dächern gesammelte Regenwasser wird für die WC-Spülung verwendet. Einmal monatlich sind die Bewohner der neun Wohnungen an einem Samstag gemeinsam bei der Gartenarbeit.

Das ist die Öko-Siedlung «In den Bäumen» am südlichen Dorfrand von Egg. Seit letzten Freitag ist sie landesweit ein Vorzeige-Projekt in Sachen «Nachhaltiges Bauen und Biodiversität». Ausgezeichnet von der Stiftung Sophie und Karl Binding mit Sitz in Basel.

Bei der Preisübergabe an der Leestrasse 31 in Egg sagt der Basler Jan Schudel, Projektleiter des Binding-Preises für Biodiversität, an Bauherrin Simone Baumann gewandt: «Es gibt viele Leute, die gerne so wohnen würden. Wir hatten 74 Eingaben für den Preis.»

Paradies in widersprüchlichen Welt

Die Sonne ist eben hinter dem Pfannenstiel verschwunden, zwei Feuerschalen wärmen die kleine Fest-Gemeinde. Die Bauherrin erzählt: «Gedanklich war ich zehn Jahre mit diesemI Projekt beschäftigt, ich bin froh, können wir jetzt ernten.»

Claudia Moll, Jury-Mitglied und Co-Präsidentin vom Bund der Schweizer Landschaftsarchitekten BSLA, sagt in ihrer Laudatio: «Was mir an dieser Siedlung vor allem gefallen hat, ist der ganzheitliche Aspekt. Die Gartenflächen am Boden und auf den Dächern sind der Kitt, der die Siedlung zusammenhält. Da wurde ein kleines Paradies in unserer widersprüchlichen Welt geschaffen.»

Aus den Händen von Projektleiter Schudel erhält die Bauherrin eine gerahmte Urkunde, einen Sack Basler Läckerli – und das Preisgeld von 5000 Franken sei «bald überwiesen», versichert Schudel.

Bauherrin Baumann übergibt das Preisgeld symbolisch an Landschaftsarchitekt Ramon Grendene aus Inner-Vollikon bei Egg. «Ohne sein Wissen und seine Leidenschaft wäre das alles nicht möglich gewesen.» Grendene gibt die Blumen zurück: «Ich werde das Geld sicher wieder hier investieren.»

Regenwasser für WC-Spülung

Auch die Stiftung Binding ist vom Projekt begeistert. Sie schreibt: «Wo immer möglich wurden auf dem Areal vorhandene Ressourcen für den Bau direkt wiederverwendet. Mit Lehm, der beim Aushub zu Tage gefördert wurde, sind Wände verputzt worden. Holz, das gefällt werden musste, oder Natursteine sind verbaut worden. Die Beläge von Strassen und Wegen sind sickerfähig gebaut worden. Geheizt wird die Siedlung mit Erdsonden und einer Wärmepumpen-Anlage.» 

Das in einem 15 Kubikmeter grossen unterirdischen Tank gespeicherte Regenwasser wird für die WC-Spülungen und die Bewässerung der Pflanzen verwendet. Die Idee, mit dem Geschenk des Himmels auch die Waschmaschinen zu betreiben, musste aufgegeben werden. Das Gratis-Wasser war zu braun. Und auch das Projekt, menschliche Ausscheidungen aus der Toilette in der Gemeinschaftsanlage zu Dünger weiter zu verarbeiten, klappte nicht wunschgemäss. Es roch zu sehr nach Urin.

Statt die erlaubte Ausnützungsziffer der Attikageschosse auszureizen, schuf die Bauherrschaft grosszügige Dachterrassen, auf denen Magerwiesen, Gemüse, Obst und Beeren wachsen. Neben den Wegen zwischen den drei Häusern wurden von den Bewohnern der neun Wohnungen unter anderem Muskateller Salbei, Apfelminze, Klatschmohn, Meerrettich oder Zitronenmelisse gepflanzt.

Bauherrin Baumann ist bereits auf der Suche nach neuem Bauland. «Es wäre schade, wenn es dieses Projekt nur einmal geben würde.»


Notiz proEGG

Die Bauherrin Simone Baumann und der Architekt der Siedlung, Jan Osterhagen sind beide Mitglieder der lokalen Partei proEGG.